BioBio-Rinder mit mehr Gras statt mehr Korn füttern

Bio-Rinder mit mehr Gras statt mehr Korn füttern

Wer Kraftfutter aus den Rationen nimmt, muss mit geringeren Milchleistungen rechnen. Foto: ziska-fotografie/biberhof.com

Von Alois BURGSTALLER, LANDWIRT Redakteur

Auf dem westeuropäischen Milchmarkt schleicht sich Katerstimmung ein. Trinkmilchprodukte sind nicht mehr so der Renner im Laden, sagen die Marktdaten. In Deutschland wurde im Vorjahr um 1,9 % weniger Trinkmilch verkauft als 2017, die Österreicher tranken 2018 um zwei Liter Milch weniger als noch vor sieben Jahren. Bei insgesamt sinkendem Gesamtabsatz steigt der Marktanteil von Weidemilch und Bio-Trinkmilch. Manche Bio-Bauern lassen es bei dieser für sie positiven Nachricht nicht bewenden. Sie wollen einen Schritt weitergehen. Auf den Bio-Bauerntagen von Bio-Austria stellten sich zwei Praktiker der Diskussion, die in der Kraftfutterreduktion einen zukunftsträchtigen Weg sehen. Auch wenn zwischen beiden Betrieben scheinbar Welten liegen, vereint sie doch eine gemeinsame Erfahrung: Kraftfutterreduktion ist ein Unterfangen, das die Beteiligung aller Verantwortlichen erfordert, und sie ist durchführbar. Sich bewusst nicht komplett wirtschaftlichen Notwendigkeiten zu unterwerfen, kann einerseits Einkommen schmälern, andererseits Handlungsfreiheiten wiederherstellen.

Die Kuh nicht zur Sau machen

Martin Ott aus Rheinau in der Schweiz führt mit 140 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche einen der größeren Betriebe in der Schweiz. Er ist Bio-Bauer und Präsident des Forschungsinstituts für biologischen Landbau FIBL. Er fordert: „Die Bauern müssen aufhören, die Kuh zur Sau zu machen.“ Sein Appell richtet sich auch an die Bio-Austria-Bauern, die gerade eine neue Kraftfutterregelung diskutieren. 1.750 kg je Kuh und ein Leistungsrichtwert von 9.000 Liter/Kuh stehen im Entwurf. Bei Bio-Suisse müssen die Bio-Milchbauern knapper kalkulieren. 400 kg Korn pro Kuh und Jahr dürfen rein rechnerisch verfüttert werden. Die Zahl ist nicht eins zu eins vergleichbar, weil die Schweizer Definition von Kraftfutter sich von jener der EU unterscheidet. Ott geht in seiner Auffassung von Milchviehfütterung noch einen entscheidenden Schritt weiter. Er plädiert gleich für die ackerbaufreie Kuh. Ott sagt: „Nichts, was die Kuh ernährt, soll auf einem Acker gewachsen sein. Auf meinem Hof habe ich das so eingerichtet.“

Der Schweizer Bio-Bauer Martin Ott verzichtet ganz auf Kraftfutter bei seiner Milchkuhherde und berichtet von besserer Gesundheit.

Zwei Konzepte der Milchwirtschaft sieht er miteinander in Konkurrenz: den volltechnisierten Güllestall und die standortverbundene Milchviehhaltung. Das kapitalistische Gülle-Konzept hält er für falsch, weil er Landwirtschaft als Kunst versteht, den Standort zu entwickeln. Dabei ist die Kuh, der Wiederkäuer, die Hauptfigur. Sie wertet durch Beweiden und Ausscheiden den Standort auf. Auch er hat vereinzelt Kühe, die trotz reiner Grasfütterung mehr als 9.000 Liter Milch erzeugen. Aber im Schnitt geben seine 70 Kühe zwischen 5.000 und 6.500 Liter Milch. Ott ist überzeugt: „Wer seine Kühe kraftfutterfrei füttert, holt Wissen und Können wieder auf den Hof zurück. Das macht unabhängiger.“

Kehrtwende für mehr Lebensqualität

Bio-Bauer Leo Friesenecker vom Biberhof in Windhaag kennt die Genugtuung, die ein hoher Stalldurchschnitt bringt. Gut 9.000 kg Milch gaben seine Kühe früher. Auf dem Weg zur Leistungsspitze hatten die Frieseneckers das gesamte Programm durchexerziert. Sie setzten auf Ganzjahressilage mit Mischwagen und auf maximal 10 kg Kraftfutter über den Transponder. Trotz Mühlviertler Hochlage brachten sie vom Grünland vier und vom Feldfutter fünf Schnitte ein. Sie betreuten die Herde intensiv und verbrachten viel Zeit im Stall. Leistungsschwache Kühe wurden ausgemerzt. „Der Stall und die Familie waren ausgelastet“, erinnert sich der Bio-Bauer. Die Mittvierziger hatten bewiesen, dass sie in der Lage waren, bei der Milchleistung vorne mitzuhalten.

Der Oberösterreicher Leo Friesenecker nahm durch die Umstellung auf extensivere Produktion Druck aus dem System Milchbetrieb. Fotos: Burgstaller

Vor sieben Jahren änderten sie die Strategie. Ein Stallbau mit Bestandesaufstockung kam nicht mehr infrage, denn ein anstehender Flächenzukauf hatte finanzielle Priorität. Im Sommer 2013 stellten die Frieseneckers auf Grünfütterung um, verkauften den Mischwagen und lassen die Kühe seither wieder weiden. Auch im Winter bekommen die Kühe wieder viel Heu. Friesenecker berichtet: „Langsam rückte die Lebensqualität wieder in den Vordergrund. Drei Schnitte im Grünland reichen jetzt auch aus.“

Den gesamten Artikel sowie ein Interview zum Thema raufutterbasierte Milch- und Fleischproduktion lesen Sie in der LANDWIRT Bio-Ausgabe 2/2019. Bestellen Sie jetzt ein Probeheft!

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