ForstBaumarten betriebswirtschaftlich kalkuliert

Baumarten betriebswirtschaftlich kalkuliert

Starke wertholzhaltige Eichen bringen sehr hohe Erträge, allerdings fallen über mehrere Generationen kaum Einnahmen an.
Quelle: G. Brehm, AELF Fürstenfeldbruck

Lange Zeit galt es fast als forstliches Dogma: Laubholz ist unwirtschaftlich. So pauschal hat diese Aussage noch nie gestimmt. Tatsächlich gibt es keine einfache Antwort, ob Nadelholz oder Laubholz wirtschaftlicher ist. Die beiden wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Forstwirtschaft sind der Aufwand für die Bestandsgründung und das Risiko, dass viel Holz als Zwangsanfall aufgrund von Schadereignissen zu gedrückten Preisen verkauft werden muss. Eine betriebswirtschaftliche Modellrechnung hat für gepflanzte Fichte im Vergleich mit gepflanzter Buche ein eindeutiges Ergebnis:

  • Der Aufwand für die Bestandsgründung der Fichte ist niedriger,
  • der Holzzuwachs (m³ pro Jahr und Hektar) der Fichte ist höher,
  • der Anteil Stammholz der Fichte ist erheblich höher,
  • bei der Fichte wird frühere Kostendeckung bei der Durchforstung erreicht,
  • die durchschnittlichen Holzerlöse der Fichte sind besser.

Insgesamt ergibt sich rein rechnerisch ein uneinholbarer Vorteil für die Fichten-Forstwirtschaft. Dies hat wesentlich dazu beigetragen, dass in Süd- und Ostbayern seit mehreren Waldbesitzer-Generationen in großem Ausmaß Fichtenbestände auf Buchen-Standorten stocken. Die durch Ausplünderung und Waldweide in weiten Landesteilen devastierten Laubholzbestände der Barockzeit waren die Ausgangslage für den Siegeszug der Fichte. Die seit Beginn des 19. Jahrhunderts aufwachsenden fichtenreichen Bestände hatten ein höheres Grundrisiko durch Sturm, Schnee und Borkenkäfer. Sie wurden aber trotzdem im Durchschnitt auf den meisten Standorten so alt, dass sie auf jeden Fall mindestens mittelstarkes Stammholz und oft sogar das angestrebte Produktionsziel Starkholz (mit hohen Holzvorräten) erreichten. Voraussetzung dafür war die sogenannte „saubere Wirtschaft“, d. h. eine kontinuierliche Waldschutzvorsorge gegen Borkenkäfer. Ohne dieses präventive Handeln sind auch schon früher (z. B. 1947 bis 1949) riesige Bestandsverluste durch Buchdrucker und Kupferstecher eingetreten.

Verjüngung und Risiko

Der Vergleich der Baumarten im Rahmen einer Forstwirtschaft mit Kunstverjüngung benachteiligt systematisch die Buche und die übrigen Mischbaumarten. Diese könnten im Naturverjüngungsbetrieb weit kostengünstiger begründet werden. In der Praxis verhinderte das generationenlang ein zu hoher Schalenwildeinfluss. Die betriebswirtschaftlichen Chancen einer

Buchen-Naturverjüngung kostet nicht viel. Sie hat aber nur mit einem entsprechenden Wild-Wald-Konzept eine Chance.
Quelle: G. Brehm

Naturverjüngungswirtschaft mit leistungsfähigen Mischbeständen aus Fichte, Tanne und Buche (Edellaubholz) wurden nicht gesehen. Der Vergleich wird umso deutlicher, wenn die in Fichtenreinbeständen häufiger eintretenden Schäden durch Sturm, Schnee und Borkenkäfer berücksichtigt werden. Für die Verwertung des Zwangsanfalls können nur die erzielbaren Kalamitätspreise angesetzt werden. Wenn die Schäden regelmäßig früh eintreten, steigen zudem die Kosten für die dann häufigere Bestandsgründung und Jugendpflege. Wird die Pflanz-Investition über das Bestandsleben verzinst und werden für die Verwertung des häufigen Zwangsanfalls keine Normalpreise, sondern Kalamitätspreise angesetzt, sieht das Ergebnis noch eindeutiger negativ für die Fichte aus. Muss ein hoher Anteil des Holzeinschlags als Kalamitätsnutzung vermarktet werden, kommt es sogar vor, dass die Ernte unter Abzug der Kosten keinen positiven Holzerlös ergibt.

Licht und Schatten

Lief in der Forstwirtschaft mit Fichtenbeständen alles nach Plan, war sie ein Erfolgsmodell. Die immer schon vorhandenen Schattenseiten aus betriebswirtschaftlicher und waldbaulicher Sicht wurden verdrängt. Fichten-Reinbestände bergen nicht nur ein hohes Risiko, sie sind auch bezüglich Bodenfruchtbarkeit, Bestandsstabilität und Sickerwasserqualität auf vielen Standorten problematisch. Die Sicht auf den Fichtenwaldbau war immer sehr selektiv. Nur so ist es zu erklären, dass sich bisher viele (und gerade auch kleine) Privatwaldbesitzer so sicher waren: „Die Fichte ist für mich die Baumart der Wahl.“ Grundlage dieser Einschätzung war (und ist oft noch) der Glaube, dass mit der Fichte wenig verkehrt zu machen ist. Der Klimawandel hat gnadenlos aufgedeckt, dass dem nicht so ist. Das dramatisch angestiegene Borkenkäferrisiko bestraft nicht durchdachte, risikoreiche Standortswahl, fehlende Bestandspflege und Nachlässigkeit bei der Waldschutzvorsorge. Wir müssen daraus die Lehre ziehen: Die Fichte braucht den Waldbauprofi und die ständige Präsenz des Wirtschafters im Wald. Sie ist keine ideale Kleinprivatwald-Baumart mehr.
Die Frage, aus welchen Baumarten der Zukunftswald besteht, sollte weder emotional noch ideologisch entschieden werden. Bei der Baumartenwahl muss an erster Stelle stehen, was auf dem jeweiligen Standort in Zukunft möglich ist. Die bisherige Waldzusammensetzung schränkt den Spielraum bei der Verjüngung ein. Nur wenn Samenbäume vorhanden sind, kann es Naturverjüngung geben. Naturverjüngung ist im Waldumbau günstiger als Pflanzung. Für eine erfolgreiche Forstwirtschaft ist aber auch ein vielfältiges Angebot wichtig. Naturverjüngung allein reicht hier oft nicht aus. Die Pflanzung fehlender Baumarten aus der heimischen Baumartenpalette und die Suche nach geeigneten Gastbaumarten ist nötig, um stabile und ertragreiche Wälder zu schaffen.

Ökonomische Vorteile

Ein standortgerechter, naturnaher Waldbau hat aber nicht nur ökologische Vorteile. Er zahlt sich auch nachhaltig ökonomisch aus. In der Tabelle sind die berechneten Einnahmeüberschüsse in

einer Bestandsgeneration in Euro pro Hektar und Jahr dargestellt. Die Zahlungsflüsse (Einnahmen und Ausgaben) sind aufsummiert und durch die Umtriebszeit geteilt, um die Baumartenvarianten auf der Grundlage von Jahresergebnissen vergleichen zu können. Zinsen für die Investitionen wurden nicht angesetzt. Es geht nicht vorrangig um die absolute Höhe, sondern darum, die unterschiedlichen Varianten nach Größenunterschieden vergleichen zu können. Basis sind gutachtlich geschätzte Ausgangsgrößen für Holzanfall, Holzpreise für Normaleinschlag und Zwangsanfall, Aufarbeitungs-, Pflege-, Waldschutz- und Pflanzkosten für südbayerische Verhältnisse. Die Ausgangswerte für die Kalkulation sind auf der Internet-Seite des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürstenfeldbruck (Bayern) nachzulesen.

Baumarten im Vergleich

Die baumartenbezogenen Modellkalkulationen sind kein Waldbaukonzept, sie bieten lediglich eine Orientierung aus betriebswirtschaftlicher Sicht bei der Bewertung von Baumarten:
Fichte: Die Fichtenwirtschaft mit sehr hohem Zwangsanfall hat die schlechtesten wirtschaftlichen Ergebnisse aller Baumarten. Auf guten Standorten (tiefgründig durchwurzelbar, speicherfrisch, höhere und kühlere Lagen) erreicht ein Fichten-Kurzumtrieb, der den Zwangsanfall wirksam begrenzt, bessere Zahlen als eine Wirtschaft mit traditionell längerer Umtriebszeit.
Buche: Diese Baumart schafft bei Naturverjüngung und gutem Absatz von Industrie-/Brennholz passable Wirtschaftsergebnisse. Ein Wertholzanteil wurde beiden Ausgangsdaten nicht unterstellt. Die Wirtschaftsergebnisse werden auch bei geförderter Pflanzung erreicht.
Eiche: Bei der Eiche resultiert ein Großteil der Holzerlöse aus der Endnutzung. Das bedeutet, für mehrere Waldbesitzergenerationen fallen kaum Einnahmen an. Der bei der Eichenpflanzung in der Realität häufig nötige Zaunschutz wird bei niedrigen Kosten durch die Förderung fast ausgeglichen. Wertholzhaltige Eiche aus Naturverjüngung hätte eine hohe Wertleistung. Leider fehlen oft die Mutterbäume. Selbst wenn es die gibt, hat die Eichenverjüngung wegen des verbreitet hohen Verbissdrucks kaum Chancen aufzukommen. Wenn bei Eiche Wertholzanteile möglich sind, werden deutlich höhere Holzerlöse erzielt.
Tanne: Die Tanne aus Naturverjüngung liegt rechnerisch fast auf der Höhe der klassischen Fichtenwirtschaft in der Vergangenheit. Waldbaulich wird selbstverständlich kein Tannen-Reinbestand angestrebt.

Douglasien müssen nicht immer so stark werden wie dieses Exemplar. Schon im 90jährigen Umtrieb oder als Mischbaumart im Buchenbestand überzeugt die Douglasie hinsichtlich ihrer Ertragslage.
Quelle: Matthias Jantsch

Douglasie: Hier werden trotz relativ hoher Kosten der künstlichen Bestandsgründung die höchsten Einnahmeüberschüsse erreicht. Auch Buchenbestände mit 20 bis 40 % Mischungsanteil der Douglasie erzielen eine hohe Leistung.
Edellaubholz und Wildobst: Bei diesen Baumarten ist die Wertleistung stark von der genetischen Qualität des Pflanzmaterials, guter Jugendpflege und zielgerichteter Durchforstung abhängig. Ohne Wertholzanteil in der Endnutzung reichen sie an die Ergebnisse der Buche nicht heran. Durch die niedrigen Pflanzenzahlen bei geförderter Aufforstung wird der Ertrag naturverjüngter Bestände nicht erreicht. Wenn bei Edellaubholz Wertholzanteile möglich sind, werden deutlich höhere Holzerlöse erzielt.

Blick in die Zukunft

Der Klimawandel wird die bisher sehr komfortable, vor allem auf die Fichte gestützte, Lage der Forstwirtschaft auf den meisten Standorten auch im Alpenvorland beenden. Falls es gelingt, den Klimawandel auf +2 bis +3 Grad zu begrenzen, wird eine angepasste Waldbewirtschaftung mit guten Wirtschaftsergebnissen jedoch weiterhin möglich sein. Realistische Bewirtschaftungskonzepte können in den heutigen Fichtengebieten Bayerns im Blick auf das Jahr 2100 aber folgende vier Hauptrichtungen setzen:

  • Mischbestände mit führender Fichte sind nur noch auf den besten Standorten in höheren (über 600 m), kühleren und niederschlagsreichen Lagen erfolgsversprechend.
  • In mittleren Lagen ist auf wasserspeichernden Lehmböden ein Wirtschaftswald mit einem Grundgerüst aus Buche und Edellaubbäumen denkbar, mit Mischungsanteilen von Tanne und Douglasie. Lärche und Fichte können ggf. noch mit deutlich verkürzter Umtriebszeit beteiligt werden.
  • Auf Sand- und Kiesböden sind baumartenreiche Mischbestände aus Eiche, trockenheitsverträglichen Edellaubbäumen und Wildobst möglich. Von den Nadelbäumen sind Fichte und Tanne nur wenig geeignet. Kiefer und Schwarzkiefer werden in den tieferen Lagen durch Hitzetage begrenzt und leiden alpennah unter Schneedruck.
  • Nachfolgebestände aus natürlicher Sukzession von Pionier- und Lichtbaumarten kommen in einer waldbaulich enormen Bandbreite vor. Finden sich geschlossene Verjüngungen ein, ist ein Weiterarbeiten mit der Naturverjüngung (Mischungsregulierung, frühe Durchforstung) wirtschaftlich durchaus eine Alternative zu kostenaufwendigen Eichen-reichen Kunstverjüngungen.

Wichtiges waldbauliches Ziel muss es sein, zu verhindern, dass die nach wie vor sehr verbreitete, wenig verbissempfindliche Fichten-Naturverjüngung sich auf großer Fläche so breitmacht, dass auch in der nächsten Bestandsgeneration fast reine Fichtenbestände entstehen. Hier ist die Mithilfe der Jäger gefragt, damit eine baumartenreiche Verjüngung unter dem Schirm der Altbestände möglich wird und wirklich zukunftsträchtige Mischwälder aufwachsen können. Alle waldbaulichen Überlegungen machen aber deutlich, dass auch Waldbesitzer sich für einen weniger Energie und Ressourcen verschwendenden Lebensstil einsetzen müssen. Je mehr der Klimawandel deutlich über zwei Grad hinausgeht, umso schneller und spürbarer kommen unsere gewohnten waldbaulichen Erfolgsrezepte an ihr Ende. Dies bedeutet nicht das Ende des Waldes oder der Forstwirtschaft, aber das Ende der fast zweihundertjährigen Erfolgsgeschichte einer nadelholzreichen Forstwirtschaft in weiten Teilen Bayerns.

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