LandlebenFamilieWenn sich die Zeiten ändern, aber nicht die Menschen

Wenn sich die Zeiten ändern, aber nicht die Menschen

Was haben wir schon alles an kleineren und großen Katastrophen erlebt: Flugzeugabstürze, Lawinen, Erdbeben, Tsunami, Atomkraftwerksexplosionen, grausame Kriege. Zum Glück für uns waren die meisten weit weg und wir haben uns das nur im Fernsehen ansehen müssen.

Plötzlich sind wir jetzt selbst mittendrin in einer Pandemie, vor der uns keine Politik gewarnt, für die kein Staat vorgesorgt hat, die für niemanden vorstellbar war, obwohl es genug wissenschaftliche Warnungen dazu gibt. Kein Staat hatte ausreichend Schutzkleidung oder Schutzmasken im Depot, im Gegenteil, man hat die Produktion dafür sowie für Medikamente an Billigstländer ausgelagert. Dabei bräuchte man sich nur ein Beispiel an der Landwirtschaft zu nehmen – jeder Landwirt mit Tieren muss vorsorgen, sich einen Wintervorrat für seine Tiere anlegen und kann sich dabei nicht auf seine Nachbarn oder auf einen milden Winter verlassen. Wir aber haben einfach so dahingelebt, als wäre ein flächendeckendes Ungemach bei uns nie möglich, als sei der Schutz vor globalen Katastrophen nur etwas für Angsthasen und pessimistische Utopisten.

Ähnlich ergeht es uns in anderen Bereichen. Wir hören die Warnungen, sehen die Entwicklungen, spüren wie sich Zusammenleben und Zusammenhalt in der Gesellschaft verändern. Auch wenn viele diesen Vorgängen noch keinen rechten Glauben schenken können oder wollen, so sind die entstehenden Risse doch spürbar. In unseren Gesellschaften rumort es, leise, oft noch versteckt und nicht offen ausgesprochen, seltener in öffentlichen Demonstrationen und Wutbürgerausbrüchen. Was den Menschen Unbehagen und Sorgen bereitet, sind die Fragen der Gerechtigkeit, der zunehmende Konflikt zwischen den Generationen sowie die Explosion von Egoismus und Gleichgültigkeit gegenüber anderen.

Ganz besonders zeigt sich das am Beispiel Gerechtigkeit. Lange Zeit galt es als selbstverständlich, dass sich auch die sehr Reichen mit höheren Abgaben an der Finanzierung des Gemeinwohles beteiligen. Heute dagegen gilt es als clever, wenn die Milliardäre den Großteil ihrer Gewinne in sogenannte Steueroasen verschieben und in den Ländern, wo sie ihre Geschäfte machen, keine Steuern bezahlen. Alle wissen, dass das unfair ist, aber die Staaten schauen hilflos zu, während sie jeden Normalbürger mit peniblen Steuerbescheiden beglücken. Ein ungerechtes System. Die gesellschaftlichen Grenzen sind in Bewegung geraten. Die eigene Selbstbestimmung hat eine derart dominante Rolle bekommen, der sich fast alles andere unterzuordnen hat. „Ich darf alles, wenn es mir gut tut und mir richtig erscheint“, lautet die überzogene Selbstüberzeugung. Der Staat hält sich möglichst zurück und setzt – wie auch jetzt in der Pandemie – auf die Selbstverantwortung des Einzelnen und folgt damit prinzipientreu genau dem geforderten Recht auf umfassende, persönliche Autonomie. Das führt in seiner Konsequenz zu einer Endsolidarisierung und Gleichgültigkeit gegenüber anderen.Warum Heimisches kaufen? Warum Regionales unterstützen, wenn Amazon kostenlos liefert? Auf etwas zu verzichten, und sei es nur eine Reise oder eine Party, scheint immer weniger möglich zu sein. Keine guten Voraussetzungen in Zeiten der Veränderung.

Allen Lesern wünsche ich ein gesundes, freudvolles Neues Jahr!

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