Bauernsprecher Hans MeisterMolkereien machen Politik

Molkereien machen Politik

Die Bio-Obersteirische Molkerei will, dass ihre Milchbauern dem Bioernteverband beitreten. Die Niederösterreichische Molkerei NÖM holt ab nächstem Jahr keine Milch mehr von Bauern mit Anbindehaltung ab. Die Berglandmilch will ab Juli einen Tierwohlbonus einführen und senkt im Gegenzug den Anfuhrbonus. All diesen Dingen ist gemeinsam, dass es sich in erster Linie um Marketingmaßnahmen handelt und dass sie direkte Auswirkungen auf die Bauern haben. Alle schielen auf das Konsumentenwohl. Die Molkereien machen sich in diesem Sinne weniger Sorgen um ihre Lieferanten, die oft auch ihre Eigentümer sind, als um ihre Abnehmer.

Natürlich ist es richtig und notwendig, sich um das Marktumfeld und die Marktgegebenheiten zu kümmern. Aber es braucht dazu auch die umgekehrte Marktbeeinflussung, indem man dem Handel zeigt, erklärt und vorrechnet, welche Anstrengungen und Leistungen seitens der Milchbauern erbracht werden müssen, was sie kosten und dass das abgegolten werden muss. Es muss dem Handel und den Konsumenten klargemacht werden, dass man Konsumentenwünschen gerne nachkommt, dass aber jede Nachbesserung den Bauern Kosten verursacht, die zu bezahlen sind. Da der Handel das nicht freiwillig machen wird, braucht es diesem gegenüber die Marktmacht der Molkereien. Aber statt Zusammenarbeit und gemeinsamen Marktauftritt bastelt jede an ihrer eigenen Rezeptur.

Ohne Zweifel ist es einfacher, Marketingmaßnahmen bei den Bauern einzufordern statt beim Handel, aber dadurch entsteht eine Benachteiligung, die immer mehr Bauern, die ständig neuen Bestimmungen und Abnehmerauflagen hinterher hecheln, die Freude nimmt, bis sie endgültig das Handtuch werfen. Auch diese Entwicklungstendenzen sollte jede Molkerei auf ihrem Radarschirm haben, wenn sie an ihre eigene Zukunft denkt.

Wer bezahlt?

Noch geht es immer nur um Anforderungen an die Milchlieferanten. In einem Schreiben an die Milchlieferanten der Berglandmilch heißt es: „Um langfristig unsere Marktposition absichern und weiter ausbauen zu können, ist eine ständige Weiterentwicklung notwendig. Das betrifft unsere Produktionsanlagen, unser Produktsortiment, unsere Verpackungen, unsere Marketingmaßnahmen. Es erfordert eine Weiterentwicklung und Veränderungsbereitschaft unserer Mitarbeiter. Und es erfordert, dort wo es notwendig ist, auch Anpassungen auf den bäuerlichen Betrieben an geänderte gesetzliche oder gesellschaftliche Rahmenbedingungen ….

… Der Vorstand der Berglandmilch hat daher beschlossen mit 1. Juli 2019 einen Tierwohlbonus einzuführen. Im Gegenzug wird der bestehende Anfuhrbonus angepasst, die Sätze werden generell um 50 % reduziert und damit zum Teil der neue Tierwohlbonus finanziert. Wir erwarten uns durch einen Tierwohlbonus zusätzliche Absatzimpulse, die eine erhöhte Abgeltung der Tierwohlmaßnahmen ermöglichen werden.“

Herr Wolfgang Hörandner, Milchbauer aus Oberösterreich, schreibt mir dazu: „Wir Landwirte verwehren uns nicht gegen Tierwohlmaßnahmen. Wenn wir jetzt aber nur auf den Konsumenten hören, der zu 80 % sagt, das Beste und Teuerste zu kaufen, in Wahrheit dies aber nur zu 20 % umsetzt, werden wir auch in Zukunft die höchsten Standards zu den günstigsten Preisen haben. Das kann auf Dauer nicht funktionieren. Leider wird die Kostenwahrheit nicht durchgezogen. Aufwändiges Marketing, Vertrieb, Anfuhr- und Logistikkosten der verschiedensten Milchsorten werden immer auf die gesamte Milchproduktion umgerechnet. Wenn zu viel von den verschiedenen Milchsorten da ist, kommt´s wieder zur normalen konventionellen Milch. Diese stützt somit die Preise der anderen.

In erster Linie werden es die größeren Betriebe sein, die durch zusätzliche Firstöffnungen und Auslaufflächen die geforderten Auflagen relativ leicht erreichen und wo sich diese vielleicht auch rechnen. Die „Kleinen“ zahlen für die Großen mit der Kürzung des Anfuhrbonus.“

Agrarpolitik wird also nicht nur in Brüssel gemacht, sondern auch nahe der eigenen Stalltür.

Sie wollen uns Ihre Meinung zum Thema sagen? Schreiben Sie uns:

hans.meister@landwirt-media.com, Tel.: 0043 316/821636-167, Fax: DW 151

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