AgrarpolitikMercosur-Abkommen: Angst vor Billigimporten

Mercosur-Abkommen: Angst vor Billigimporten

Mercosur-Staaten wie Argentinien dürfen durch das geplante Freihandelsabkommen mehr Rindfleisch und Geflügel in die EU liefern.
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Die EU und die Mercosur-Länder haben sich auf ein Freihandelsabkommen verständigt. Während die Südamerikaner mehr Rindfleisch sowie Geflügel in die EU liefern dürfen und EU-Agrarkommissar Phil Hogan die Zugeständnisse für erträglich hält, lehnen die Grünen im Europaparlament und europäische Bauernverbände das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay ab. Sie befürchten Billigimporte mit noch dazu unzureichenden Standards und rufen die EU-Mitgliedstaaten auf, die Vereinbarung abzulehnen. “Angesichts des rasant fortschreitenden Klimawandels ein Abkommen abzuschließen, dem in Brasilien noch mehr Regenwald zum Opfer fallen wird, ist grob fahrlässig. Die Standards im Tier- und Pflanzenschutz, unter denen in Südamerika produziert wird, haben mit EU-Standards überhaupt nichts gemein. Die Konsumenten, die Bauern und das Klima sind die Verlierer, wenn dieses Abkommen so beschlossen wird”, warnt LK Österreich-Präsident Josef Moosbrugger.

Ungleiche Anforderungen bei Umwelt- und Klimaschutz, beim Antibiotikaeinsatz und beim Pflanzenschutz sowie die fehlende ausreichende Absicherung des europäischen Marktes würden zu einer dramatischen Wettbewerbsverzerrung bei Rindfleisch, Geflügel und Zucker führen, kritisiert der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied. Er fordert deshalb die Staats- und Regierungschefs und das EU-Parlament auf, die europäischen Standards für Landwirtschaft und Lebensmittel zu schützen und auf ein ausgewogenes Ergebnis hinzuwirken. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe komplett ausgeblendet, dass Brasilien gerade 33 Pestizide zugelassen habe, die in Europa keine Chance auf Zulassung haben dürften, wendet sich auch der deutsche Europaabgeordnete Martin Häusling von den Grünen gegen das Mercosur-Abkommen.

EU-Mitgliedstaaten müssen noch zustimmen

Hogan räumte bei der Bekanntgabe des “historischen Durchbruchs” am Freitagabend in Brüssel ein, dass die notwendige Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten zum Abkommen nicht leicht werde. Er schließt nicht aus, dass es zu Belastungen im europäischen Agrarsektor kommen könne. Doch Hogan verspricht Hilfen aus dem EU-Haushalt von über 1 Mrd. Euro, falls die Importe aus Südamerika mal sprunghaft ansteigen sollten. Die verschiedenen Freihandelsabkommen der EU gleichen sich untereinander aus, argumentierte Hogan. Durch die Vereinbarungen mit Japan, Mexiko, Vietnam und Kanada würden dem EU-Agrarsektor neue Absatzmöglichkeiten geschaffen.

Beim Mercosur-Abkommen ginge es dagegen vor allem um die Verteidigung von sensiblen Erzeugnissen in der EU. Hogan ist überzeugt, dass er bei den notwendigen Zugeständnissen nicht über das Verhandlungsmandat der EU-Mitgliedstaaten hinausgegangen ist. Die zusätzlichen 99.000 t Rindfleisch für die Südamerikaner, die die EU schon vor Jahren angeboten hatten, wurden in der Endphase um keine Tonne erhöht. Die in Schlachtgewicht bemessene Menge im Rahmen eines EU-Einfuhrkontingents besteht zu 55% aus gekühltem Rindfleisch und zu 45% aus gefrorener Ware. Das Rindfleisch muss mit 7,5% verzollt werden. Die zusätzliche Menge mache gerade einmal 1,25% des Verbrauchs in der EU aus, beschwichtigte Hogan nach dem Abschluss des Abkommens.

Vor allem aus Frankreich, Irland und Belgien hagelte es Proteste gegen die Öffnung des EU-Rindfleischmarktes. Zurzeit importiere die EU bereits 270.000 t Rindfleisch jährlich, ergänzte Hogan. Weiterhin eröffnet die EU den Südamerikanern ein Einfuhrkontingent für 100.000 t Geflügel und 650.000 t Ethanol. Der Einfuhrzoll für ein bereits bestehendes Einfuhrkontingent von knapp 190.000 t Zucker wird von 98 Euro/t auf null gesetzt.

Mercosur muss 357 geschützte geografische Angaben respektieren

Vorteile habe von dem Abkommen nicht allein die europäische Industrie, sondern auch der Agrarsektor, betonte Hogan. Einfuhrzölle für Wein und Olivenöl aus der EU würden die Südamerikaner streichen. 357 verschiedene geschützte geografische Angaben (g.g.A.) müssten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay zukünftig respektieren. Besseren Marktzugang bekäme der EU-Molkereisektor. Es werden Einfuhrkontingente für 30.000 t Käse aus der EU und für 15.000 t Milchpulver eingerichtet. Die bestehenden Einfuhrzölle von bis zu 28% für Molkereiprodukte werden im Laufe von neun Jahren auf null zurückgefahren. Hogan betonte, dass die Standards für Lebensmittel gegenseitig anerkannt und respektiert werden. Außerdem verpflichteten sich beide Seite dazu, die Klimaauflagen aus dem Pariser Abkommen einzuhalten. In der EU befürchten Kritiker der Vereinbarung, dass der Export von Agrarprodukten aus Südamerika zu einer Abholzung des Regenwaldes in Brasilien führt.

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