AckerbauPflanzenschutzKommunikationstipp: Raus aus der Opferrolle

Kommunikationstipp: Raus aus der Opferrolle

Claudia Zinner ist studierte Agrar- und Kommunikationswissenschaftlerin und führt mit ihrer Familie einen landwirtschaftlichen Betrieb im Waldviertel (Niederösterreich). 2018 hat sie ein Kommunikationsbüro und eine Werbeagentur für Landwirtschaft gegründet und hält Vorträge zum Thema Öffentlichkeitsarbeit.
Quelle: Dieter Schewig

Wie nehmen Sie die Berichterstattung über die Landwirtschaft in den Medien wahr?

Landwirtschaft wird in den Medien meist extrem dargestellt – schwarz oder weiß. Das können wir nicht ändern. Das liegt nicht in unserem Einflussbereich. Was wir aber ändern können, ist die große Medienabhängigkeit. Anstatt über sie zu schimpfen und uns als Opfer zu sehen, sollten wir selbst die Kommunikation in die Hand nehmen. Wir müssen die Menschen hinter den Hoftoren und deren Handeln zeigen. Wir müssen raus aus der Opferrolle. Und ganz wichtig: unsere Zielgruppen dort abholen, wo sie sind. Das ist der Schlüssel und dazu braucht es kommunikatives Fachwissen.

Viele Bauern haben das Maximum ihres Arbeitspensums erreicht. Sollen sie sich nun am Abend mit Facebook herumschlagen?

Viele machen den Fehler, dass sie sofort an soziale Medien denken, wenn wir über Öffentlichkeitsarbeit reden. Dabei gibt es viel wichtigere Möglichkeiten. Stellen wir uns vor, jeder bäuerliche Betrieb hätte eine Positionierung, ein Logo und eine einfache Homepage mit ein paar Fotos. Hier kann jeder authentisch darstellen, was auf seinem Hof passiert – ohne Interpretation und Selektion der Medien. Das ist nicht viel Arbeit und trägt dazu bei, das eigentliche Problem zu lösen.

Was ist das eigentliche Problem?

Die ärgerlichen Beiträge mancher Medien sind lediglich Symptome einer Entwicklung. Das Kernproblem ist die Entfremdung der Gesellschaft. 96 % der Menschen fehlt heute der auch oft das Vertrauen. Hier müssen wir ansetzen und nicht bei der Bekämpfung der Symptome. Je mehr Landwirte unabhängig kommunizieren, desto besser können wir die Menschen direkt erreichen.

Es gibt sicher Tausende von Bauern, die ihre Kühe und Felder auf Facebook posten. Die Durchschlagskraft ist aber – bis auf einige Ausnahmen – meist gering.

Soziale Medien sind eine Möglichkeit der Kommunikation, aber für mich sicher nicht die erste. Wer hier aktiv sein will, soll das meiner Meinung nach mit professioneller Begleitung machen. Zuvor ist es aber nötig, für sich und seinen Betrieb eine Positionierung zu finden. Hier haben wir Bauern ein großes Potenzial, weil viele Menschen Sehnsucht nach dem Ursprünglichen haben.

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