AckerbauGetreideHafersorten 2019

Hafersorten 2019

Obwohl viele Fachleute bezweifeln, dass das HLG viel über die Haferqualität aussagt, verwendet der Handel den Parameter als Qualitätskriterium. Foto: Agrarfoto

In Bayern herrschte 2018 die Trockenheit. Trotzdem lagen die Erträge des Hafers mit 47 dt/ha im Schnitt auf dem Niveau des mehrjährigen Mittels. Der Schnitt verbessert sich auf 50 dt/ha, wenn nur die konventionell bewirtschafteten Flächen miteinkalkuliert werden. Beim Hafer unterscheiden sich die Erträge zwischen der Praxis und den Landessortenversuchen (LSV) sehr stark. Gründe hierfür sind der Rückzug des Haferanbaus auf ungünstige Ackerstandorte und die meist sehr extensive Bestandesführung. Außerdem steht Hafer in der Fruchtfolge meist nicht an der besten Position. Aufgrund seiner Anspruchslosigkeit, seiner guten Wurzelleistung sowie seiner Resistenz gegenüber Fußkrankheiten wie Halmbruch und Schwarzbeinigkeit verkraftet er schlechte Vorfrüchte besser als Weizen oder Gerste. Unter günstigen Bedingungen sind auch überdurchschnittliche Ergebnisse möglich. Das zeigen die jährlichen Ertragsmessungen von rund 80 zufällig in Bayern ausgewählten Praxisfeldern. Dort werden regelmäßig Erntemengen von über 70 dt/ha von den besten Schlägen erzielt.

Wenig Züchtung

Mitte der 1970er-Jahre lag die Anbaufläche des Hafers bayernweit bei fast 170.000 ha. Seither geht die Fläche stetig zurück und erreichte vor drei Jahren schließlich den Tiefpunkt. Im vergangenen Jahr wurden in Bayern lediglich 23.300 ha angebaut. Das geringe Interesse und die rückläufige Bedeutung sind ausschlaggebend für den Rückgang der Züchteraktivität. Nur mehr die Saatzucht Bauer und die Nordsaat Saatzucht betreiben ein eigenständiges Haferzuchtprogramm in Deutschland. Der bayerische Hafer wird hauptsächlich verfüttert. Für die Humanernährung muss Hafer – anders als in der Tierernährung – zunächst entspelzt bzw. geschält werden. In Bayern gibt es aber nur wenige Verarbeiter von Nahrungsmittel-Hafer. Daher spielt er trotz steigenden Bedarfs nur eine untergeordnete Rolle. Schälmühlen verlangen meist einheitliche, sortenreine, große, qualitativ hochwertige und preisgünstige Partien. Diese werden häufig aus Skandinavien importiert. Das Interesse an heimischem Schälhafer wächst. Größere homogene Haferpartien sind in Bayern jedoch kaum zu finden. Beim Handel ist meist das Hektolitergewicht das zentrale Qualitätskriterium bei Hafer. Schälmühlen stellen aber auch noch weitere Anforderungen wie eine helle Kornfarbe, leicht zu entspelzende Körner, einen geringen Spelzenanteil und eine gute Sortierung. Die geforderten Qualitäten lassen sich am ehesten auf Standorten mit gesicherter Wasserversorgung, nicht zu heißen Temperaturen während der Kornfüllung und bei trockenen Abreifebedingungen erzeugen. Neben dem Anbau qualitativ hochwertiger Sorten sind hier auch die Vermeidung von Lager, eine termingerechte Ernte und das rasche Erreichen einer Kornfeuchte von maximal 14 % essenziell für den Anbauerfolg. Außerdem muss Hafer sorgfältig eingelagert werden. Wegen seines höheren Fettgehalts verdirbt er leicht. Aufgrund der Witterung ist es in Bayern oft schwierig die Mindestqualitäten, insbesondere das HLG (häufig mindestens 54 kg) sowie einen niedrigen Spelzengehalt, zuverlässig zu erzielen.

Futterhafer vorherrschend

Bei der Vermarktung von Futterhafer fordert die aufnehmende Hand in der Regel ebenfalls einen Mindestwert im HLG. Dieser liegt in der Regel zwischen 50 und 54 kg. Ist absehbar, dass Sie den geforderten Wert nicht erreichen, so verbessert das Reinigen und Absieben der kleineren Körner das HLG etwas. Zahlreiche Fachleute bezweifeln, dass das HLG viel über die Haferqualität aussagt. Trotzdem verwendet der Handel den Parameter als Qualitätskriterium, da man es bei der Getreideannahme schnell und einfach messen kann. Neben der Umwelt beeinflusst auch die Sorte die Höhe des HLG. Im LSV wies die Sorte Max den höchsten Wert auf. Sein HLG lag um rund vier Kilo über der schwächsten Sorte. Bei der Wahl einer Hafersorte spielen unabhängig von der Verwertung hohe und stabile Erträge, eine geringe Neigung zu Lager und Strohstabilität eine wichtige Rolle. Vor allem bei feuchter Abreifewitterung ist auch eine gleichzeitige Reife von Korn und Stroh von Vorteil. Feuchtes Stroh verzögert die Ernte und führt beim Drusch zu Problemen. Krankheiten sind meist nicht bekämpfungswürdig. Resistenzen spielen deshalb eine eher untergeordnete Rolle. Anhand der Spelzenfarbe unterscheiden wir zwischen Gelb-, Weiß- und Schwarzhafer. In Bayern dominiert traditionell der Gelbhafer, während in Norddeutschland zusätzlich zum Gelb- auch Weißhafer verbreitet ist. Daneben gibt es noch den Schwarzhafer. Dieser ist vor allem bei Pferdehaltern beliebt, fällt ertraglich jedoch etwas ab. In Deutschland wird fast ausschließlich Sommerhafer angebaut. Winterhafer – der wie Winterweizen im Herbst gesät wird – hat durch seine längere Vegetationszeit zwar ein höheres Ertragspotenzial, ist aber wegen seiner nicht immer ausreichenden Winterhärte riskant.

Landessortenversuch

Pilzkrankheiten sind bei Hafer nicht gefährlich. Daher sind auch Fungizide oftmals nicht rentabel, weshalb wir im bayerischen LSV darauf verzichten. Wachstumsregler werden dagegen nach Bedarf eingesetzt, denn auf lagergefährdeten Standorten bringen diese häufig wirtschaftliche Mehrerträge. Übermäßige Gaben an Wachstumsreglern sollten allerdings vermieden werden. Diese können auch zu Ertragseinbußen führen. Hier spielt auch die Standfestigkeit der Sorte eine wichtige Rolle. So benötigt eine standfeste Sorte wie Troll keine Halmverkürzung. Im vergangenen Trockenjahr wurden an keinem der vier bayerischen Versuchsorte Wachstumsregler eingesetzt. Mehrjährig betrachtet bringen die meisten geprüften Sorten Relativerträge zwischen 99 und 101 %. Sie unterscheiden sich ertraglich somit so gut wie nicht. Leicht unterdurchschnittlich schneiden nur Bison mit 97 % und Harmony mit 98 % Ertrag ab. Überdurchschnittlich zeigt sich dagegen die erst einjährig im Versuch geprüfte Sorte Armani. Sie bringt einen Relativertrag von 103 % auf die sprichwörtliche Waage. In den folgenden Sortenbeschreibungen gehen wir vorrangig auf die Besonderheiten der Sorten ein. Eigenschaften, die im Bereich des Versuchsmittels liegen, erwähnen wir nicht. In diesem Jahr standen zehn Spelzhafersorten, davon acht Gelb- und zwei Weißhafer, in der Prüfung. Der Gelbhafer Max dominiert seit einigen Jahren deutschlandweit den Praxisanbau. Aufgrund seines sehr geringen Spelzengehalts bringt er hohe Kernerträge (Kornertrag minus Spelzenertrag). Er besitzt das höchste HLG im Versuch, sein Tausendkorngewicht (TKG) und auch die Sortierung sind dagegen unterdurchschnittlich. Schwächen zeigt er in der Standfestigkeit und der Halmstabilität. Vorteilhaft ist dagegen seine relativ gleichmäßige Abreife von Korn und Stroh. Max wird zu Futterzwecken und auch als Schälhafer genutzt. Symphony, ein Weißhafer, hat es allein durch seine weiße Spelzenfarbe schwer, sich in Bayern zu behaupten. Dabei ist bekannt, dass die Spelzenfarbe nichts über die wertbestimmenden Eigenschaften aussagt. Im Rahmen der Sortenzulassung wird bei jeder Sorte der Anteil nicht entspelzter Körner nach der Entspelzung (Schälbarkeit) untersucht. Hier schneiden die anderen LSV-Kandidaten besser ab. Dies spielt aber lediglich bei der Schälhaferproduktion eine Rolle. Bei den übrigen Merkmalen liegt der längerstrohige Symphony etwa auf Niveau des Sortimentsmittels. Harmony ist ein Weißhafer, der eine ansprechende Sortierung und das höchste TKG im Versuch aufweist. Die Sorte fällt aber mit einem Relativertrag von 98 % leicht hinter das Versuchsmittel zurück. Seine Mehltauresistenz, die unter bayerischen Verhältnissen nur selten zum Tragen kommt, ist sehr gut. Poseidon (Gelbhafer) ist eine ausgeglichene Sorte, die lediglich im HLG im schwächeren Bereich des Sortiments liegt. Seine Strohabreife erfolgt teilweise verzögert. Apollon (Gelbhafer) besitzt sehr große, leicht entspelzbare Körner und ein hohes TKG. Auch das HLG und der Spelzengehalt sind in Ordnung, so dass eine Nutzung als Schälhafer gut möglich erscheint. Die längerstrohige Sorte zeigt sich anfälliger für den in Bayern selten stärker in Erscheinung tretenden Mehltau. Sie tendiert zu einer verzögerten Abreife des Strohs. Bison erzielt mit sehr guten Werten in der Sortierung, hohem TKG und mittlerem bis hohem HLG ähnliche Qualitäten wie Apollon. Positiv fallen bei der früh die Rispen schiebenden Sorte auch die überdurchschnittliche Standfestigkeit und die gute Halmstabilität auf. Weniger günstig ist die nicht immer gleichmäßige Abreife von Korn und Stroh. Mit einem Relativertrag von 97 % zählte Bison nicht zu den Spitzensorten. Seine Mehltauresistenz ist sehr gut. Yukon (Gelbhafer) eignet sich aufgrund seiner etwas schwächeren Sortierung und des überdurchschnittlichen Spelzengehalts vorrangig als Futterhafer. Die Strohabreife verläuft bei der sehr mehltauresistenten Sorte teilweise verzögert. Troll (Gelbhafer), ein Kurzstrohhafer, sticht durch seine geringe Wuchshöhe im Versuch optisch hervor. Im Vergleich zu den herkömmlichen Sorten ist seine Halmlänge im Schnitt 30 cm kürzer. Aufgrund seiner hervorragenden Standfestigkeit und seiner guten Strohstabilität kann auf Wachstumsregler verzichtet werden. In den bayerischen Versuchen trat starkes Lager letztmalig 2016 in Günzburg auf. Dort konnte Troll seine gute Standfestigkeit unter Beweis stellen und erzielte mit einem Relativertrag von 113 % das beste Versuchsergebnis. Tritt jedoch kein Lager auf, bringt er eher selten überdurchschnittliche Erträge. Er eignet sich deshalb besonders für Standorte mit hohem Lagerdruck. Troll ist gut zu entspelzen, kommt aber bei den anderen Qualitätsparametern nicht an die besten Sorten heran. Gegenüber der älteren Kurzstrohhafersorte Kurt weist er jedoch deutlich bessere Einstufungen in den Merkmalen Sortierung, HLG und Entspelzbarkeit auf. Delfin (Gelbhafer) liegt, abgesehen von seinem hohen TKG, in der Qualität auf Niveau des Sortimentsmittels. Zu beachten ist, dass bei der mehltauresistenten Sorte der zeitliche Abstand zwischen Korn- und Strohreife größer ist als bei den anderen Prüfkandidaten. Armani (Gelbhafer) konnte 2017 nicht geprüft werden. Somit gibt es dieses Jahr erstmalig LSV-Ergebnisse. Unter Einbeziehung der Versuche aus der vorangegangenen dreijährigen Sortenzulassung bringt er mehrjährig leicht überdurchschnittliche Relativerträge von 103 %. Seine Körner weisen einen geringen Spelzengehalt auf und lassen sich gut entspelzen. Bei der stärker bestockenden Sorte ist jedoch mit einem vergleichsweise geringen HLG zu rechnen.

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