LandlebenFamilieFragen und Antworten rund um das Pachten

Fragen und Antworten rund um das Pachten

Pachten Landwirtschaft
Flächen oder Betriebe zu pachten ist gängige Praxis in der Landwirtschaft.
Quelle: Agrarfoto

Der 12. Mai war wohl einer der schwersten im Leben von Familie Putzhuber: Alle Kühe und die gesamte Nachzucht aus dem Stall treiben, auf Hänger verladen und zur Versteigerung bringen. Die Familie muss mit 30. Juni den Hof verlassen. Vom gesamten Viehbestand können nur die zwei Hunde und zwei Katzen mit. Der Pachtvertrag wurde gekündigt und es gibt einen Nachfolger. Dabei hatte es ganz anders angefangen.
Laut der letzten Agrarstrukturerhebung (Stand 2018) sind 15 % der landwirtschaftlichen Flächen in Österreich gepachtet. Ob vom Partner, den Eltern, oder einem anderen Landwirt. Es gibt wohl kaum jemanden der noch nie mit dem Thema in Berührung gekommen ist. Wohl auch deswegen kennen haben die meisten Pächter oder Verpächter Erfahrung mit Problemen rund um dieses Thema. Ein Preiskampf bei den Flächen, schneller Wechsel bei den Pächtern, Streitigkeiten über die Nutzung – die Liste könnte lange fortgeführt werden. Während man früher Flächen auf Jahrzehnte gepachtet hat, sind es heute immer kürzere Perioden. Der Markt und die -bedingungen haben sich geändert. Es ist vielfältiger und komplizierter geworden. Das erlebt auch Mediatorin und Juristin Sandra Thaler in ihrer Praxis: „Früher hat es gereicht höflich zu sein und sich an die einmal ausgemachten Regeln zu halten. Heutzutage passen diese nicht mehr für alle. Wir sind es aber nicht gewohnt uns öfters etwas neues auszumachen.“

Probleme bei der Pacht

Hannes (52) und Elisabeth (47) Putzhuber
Anna (25), Julia (24), Lukas (21) und Andreas (14) Peter (85) und Rosemarie (80)
30 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, 30–40 Milchkühe mit eigener, Nachzucht (Fleckvieh), Almflächen
Quelle: König

So auch in dem Fall von Familie Putzhuber aus Osttirol. Die Eltern Peter und Rosemarie Putzhuber sind weichende Erben und wollten eine Landwirtschaft kaufen. Doch das war nicht finanzierbar. Sie fanden einen Pachtbetrieb in Kitzbühel, 1981 hat sich dann der Betrieb in Lienz ergeben. „Das war damals eine super Chance Milchwirtschaft und Ackerbau zu betreiben“, sagt Hannes Putzhuber. Er selbst hat 1991 den Betrieb weiter gepachtet. „Stets im guten Einvernehmen mit den Verpächtern.“  2009 stand dann ein Stallneubau an, um die Tierschutzrichtlinien weiter einzuhalten. Bei diesem Neu- bzw. Umbau haben alle Beteiligten mit großem Einsatz mitgeholfen, dass nach etwa fünf Monaten Bauzeit alle Tiere wieder einen Platz im neuen Stall hatten. 2012 investierte die Familie in die Direktvermarktung um die Einbußen aus dem Milchverkauf etwas abzufedern. Sie richteten einen Milchverarbeitungsraum ein und begannen Milch, Joghurt und Käse zu verkaufen. Vor fünf Jahren kam es dann zu den ersten Unstimmigkeiten mit den Verpächtern. Eine starke Pachterhöhung war die Folge und nur aufgrund des Landpachtrechtes durfte die Familie weiter am Hof bleiben. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Der damalige Stallneubau hatte die (von einem Berater geschätzten) Kosten stark überschritten und das Vertrauen war gebrochen. „Der Verpächter wollte mehr Pacht – aber das wäre für uns, als Landwirte, nicht finanzierbar gewesen. Eine Landwirtschaft kann nur funktionieren, wenn der Boden leistbar ist. Wir kennen unsere Zahlen“, so der Landwirt. Der Betrieb wurde ausgeschrieben und es fand sich ein neuer Pächter.

Wie kann ich kündigen?

Grundsätzlich kann in den Verträgen selbständig über die Kündigungsmodalitäten verfügt werden. Werden keine konkreten Regelungen getroffen, dann kommen die gesetzlichen Bestimmungen zur Anwendung. Hier kommt es darauf an, auf welche Dauer das Pachtverhältnis abgeschlossen wurde. Verträge auf unbestimmte Zeit bleiben solange aufrecht, bis einer der Vertragspartner das Pachtverhältnis kündigt. Dabei sind die vertraglich vereinbarten Kündigungsmodalitäten (Art der Kündigung, Kündigungstermin sowie Kündigungsfrist) einzuhalten; wurden keine solchen Modalitäten vereinbart, gelten die gesetzlichen Kündigungstermine bzw. -fristen. Verträge auf bestimmte Zeit enden mit Ablauf der vereinbarten Pachtdauer, ohne dass es einer weiteren Kündigung bedarf. Es gibt jedoch auch außerordentliche Gründe, um ein Pachtverhältnis jederzeit beenden zu können. Wie zum Beispiel eine nachteilige Bewirtschaftung, ein Rückstand beim Pachtzins oder wenn Flächen unbrauchbar geworden sind. Sind sich beide Vertragspartner einig, kann natürlich auch außerhalb der Fristen gekündigt werden. Mediatorin Sandra Thaler erwähnt noch einen wichtigen Aspekt: „Auch wenn gekündigt wird – zeigen Sie Wertschätzung und danken Sie ihrem Vertragspartner. Diese Menschlichkeit bleibt in Erinnerung ist eine gute Basis für weitere Zusammentreffen!“

Was gehört in den Pachtvertrag? – Mehr dazu in unserem Artikel

Dass es dann wirklich zur Kündigung kam, traf die Familie sehr hart. Die oben genannte Dankbarkeit durften sie leider nicht erleben. Nach dem ersten Schock begann die Familie sich neu zu orientieren. „Wir fanden leider keinen Platz, wo wir alle wohnen können“, so Elisabeth Putzhuber. Ihre Schwiegereltern, die schon Betreuung brauchen, zogen deswegen in eine Wohnung in unmittelbarer Nähe zu den Geschwistern. Die Familie selbst richtet sich das leerstehende Haus eines Onkels ein. Nach einem Umbau wollen sie die Eltern wieder zu sich holen.

Was passiert…

… im Todesfall?
Im Todesfall eines der Vertragspartner erlischt der Vertrag nicht automatisch. Vielmehr geht er auf den jeweiligen Rechtsnachfolger über.
… bei Übergabe?
Anders verhält es sich bei einer Übergabe. Hier muss eine Unterscheidung getroffen werden. Wird auf der Verpächterseite übertragen, dann geht die Pacht ebenfalls auf den Rechtsnachfolger über (es entstehen aber zusätzlich Kündigungsmöglichkeiten). Bei Veränderungen auf der Pächterseite erfolgt kein automatischer Übergang des Vertrags – hier muss der alte Vertrag gekündigt und allenfalls ein neuer Pachtvertrag erstellt werden.

Wer muss die Pachtflächen erhalten?

Der Verpächter hat den Pachtgegenstand so zu übergeben, dass er für die vertraglich vereinbarte Nutzung verwendet werden kann. Gewöhnliche Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten hat die Pächterseite auf ihre Kosten vorzunehmen. Wird darüber hinaus investiert, sollten Sie sich auch Gedanken über eine eventuelle Abgeltung nach Pachtende machen.
Außerordentliche Arbeiten z.B. die Neuanlage eines Weges oder die Grunderneuerung eines Daches hat nicht die Pächter- sondern die Verpächterseite zu veranlassen und die Kosten dafür zu tragen. Wichtig dabei: Besprechen Sie vorab nötige Investitionen!
Wird der Pachtgegenstand während des Pachtverhältnisses ohne Zutun des Pächters unbrauchbar, dann entfällt für die Unbrauchbarkeit die Zinszahlungspflicht. Das ABGB sagt dazu wenn der Pachtgegenstand „…wegen außerordentlicher Zufälle, als Feuer, Krieg oder Seuche, großer Überschwemmungen, Wetterschläge, oder wegen gänzlichen Mißwachses gar nicht gebraucht oder benutzt werden kann, so ist der Bestandgeber zur Wiederherstellung nicht verpflichtet, doch ist auch kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten.”

Kommt es zu einem massiven Wertverlust, ist eine einvernehmliche Zinsanpassung denkbar. Bei einem offensichtlichen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung (also Pachtzins und Pachtgegenstand) wäre eine Zinsanpassung sogar im Landpachtgesetz vorgesehen oder wiederum die Bestimmungen des ABGB heranzuziehen.

Pacht auf Handschlag?

Auch bei Pachtverträgen gilt der Grundsatz der Privatautonomie, d.h. dass die Vertragsparteien frei (unter Berücksichtigung der Gesetzmäßigkeit und der guten Sitten) über den Vertragsinhalt verfügen können und der Vertrag grundsätzlich formlos geschlossen werden kann, d.h. schlüssig, mündlich oder schriftlich. In der Praxis kommt es bei den mündlichen Verträgen aber oft zu Problemen, weil hier Aussage gegen Aussage steht. Noch schlimmer ist es bei jenen Fällen, bei denen ein Vertragspartner verstirbt und der Rechtsnachfolger keine Ahnung von den getroffenen Vereinbarungen hat.

Wie viele Pachtflächen sind „gesund“?

Mit einem Schlag wird der Stall leer. Für die leidenschaftlichen
Rinderbauern war dieser Tag der schwerste.
Quelle: Privat

Diese Frage kann man nicht pauschal beantworten. Es kommt natürlich auf den jeweiligen Einzelfall an – wie ist der vorhandene Betrieb ausgestattet, wie hoch ist der Pachtzins, der Mehrwert der Flächen, vorhandene Arbeitskräfte, Maschinenausstattung, Pachtdauer, Wirtschaftlichkeit,… In der Praxis ist es aber leider oft so, dass sich die Pachtinteressenten in einen Preiskampf begeben.
Das hat auch Familie Putzhuber erlebt. Für sie steht fest, dass sie keinen Betrieb mehr pachten möchten. Ihr Abschied auf Raten bringt jeden Tag neue Herausforderungen und neue Tränen. Anfang Mai sind die Eltern weggezogen. „Sie haben einen anderen Lebensabend verdient“, so die Landwirtin. All ihre Tiere zur Versteigerung anzumelden und zu verladen der nächste. „Es sind unsere Partner, wir wünschen uns einen guten Platz für sie“, sind sich die beiden einig. Die Söhne möchten noch ein letztes Mal mähen und das Futter einfahren. Die beiden wünschen sich nichts sehnlicher als in der Landwirtschaft zu arbeiten.
Elisabeth möchte, als gelernte Krankenschwester, wieder in einen Pflegeberuf zurückkehren. als gelernter Landmaschinenmechaniker und Schlosser, möchte im landwirtschaftlichen Umfeld einen Beruf ergreifen. „Pachten kommt für uns nicht mehr in Frage. Diese Hilflosigkeit möchten wir nicht mehr erleben“, so der Osttiroler. Für sie wäre eine Übernahme auf Leibrente denkbar. Denn einen Betrieb zu kaufen ist fast unmöglich. „Wir sind für vieles offen, am liebsten natürlich im Alpenraum und mit Rindern. Auch mit Direktvermarktung oder Schule am Bauernhof. Nur Gemüsebauern werden wir keine“, so Putzhuber. Die beiden wollen auf jeden Fall noch einen Neustart wagen. Ihr größter Wunsch ist jedoch, dass ihre Kinder sagen können: „Das hier gehört uns.“

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