AgrarpolitikExpertenkommission soll über Zukunft der Landwirtschaft beraten

Expertenkommission soll über Zukunft der Landwirtschaft beraten

Deutscher Bauernverband (links im Bild: Rukwied und Krüsken) und LsV (Mitte: Dickow und Andresen) haben für die Bundesregierung ein Konzept für die Zukunftskommission Landwirtschaft erstellt. Darauf aufbauend, soll nun diskutiert werden.
Quelle: Bundespresseamt/Denzel

Hintergrund:

Welche Aufgabe hat die Zukunftskommission Landwirtschaft?

Dazu eine Erklärung des Bundeslandwirtschaftsministeriums:

Die Kommission soll unter Einbindung von Praktikern, Wissenschaftlern und gesellschaftlichen Akteuren, insbesondere Umwelt-, Tierschutz- und Verbraucherverbänden, praxistaugliche Empfehlungen erarbeiten für eine produktive und ressourcenschonende Landwirtschaft. Es geht darum, ein übergreifendes gemeinsames Verständnis zu entwickeln, wie mehr Tierwohl, Biodiversität, Klima- und Umweltschutz mit den fundamentalen Aufgaben der Erntesicherung und der ökonomischen Tragfähigkeit – gerade auch für die vielen Familienbetriebe – zusammengebracht werden können.

Ziel ist es, dabei zu unterstützen, die bestehenden Zielkonflikte aufzulösen zwischen:

  • einer wirtschaftlich tragfähigen Lebensmittelproduktion versus Klima- und Umweltschutz,
  • Preisbewusstsein versus steigende Verbrauchererwartungen.

Es geht auch darum, die Vorstellungen derer, die unsere Mittel zum Leben verantworten, zu hören und zu nutzen. Der Deutsche Bauernverband (DBV) und die Initiative „Land schafft Verbindung“ (LsV) haben daher das Konzept für eine Zukunftskommission Landwirtschaft erarbeitet.

Die Bundesregierung wird die Arbeit der Zukunftskommission unterstützen. Zur organisatorischen Unterstützung wird eine Geschäftsstelle beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eingerichtet.

Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Peter Strohschneider, soll die Kommission im Herbst 2020 einen Zwischenbericht und im Sommer 2021 einen Abschlussbericht vorlegen. 

Es dürfte niemand überraschen, wer alles in die Zukunftskommmission Landwirtschaft berufen wurde. Die meisten der insgesamt 30 Personen gehören großen Verbänden an.

Bekannte Gesichter und ein neuer Mitspieler

Für die Landwirte sprechen die großen Verbände vor. Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Bundesverband Deutscher Milchviehhalter, Bund Ökologische Lebensmittelverarbeitung, Deutscher Bauernverband, Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, Landfrauen, Landjugend, Verband der Landwirtschaftskammern und Zentralverband Gartenbau. Der einzige neue Mitspieler aus dem Bereich Landwirtschaft ist die Vereinigung Land schafft Verbindung.

Auch die Umwelt und Naturschutzverbände sollen beim Thema Landwirtschaft mitreden dürfen. Deshalb sitzen BUND, BUNDjugend, Greenpeace, Naturschutzbund, Naturschutzring, Tierschutzbund und WWF mit am runden Tisch.

Größen aus Wirtschaft und Wissenschaft

Bei der Wirtschaft setzt man ebenfalls auf bekannte Größen. Bundesvereinigung der Ernährungsindustrie, Deutscher Raiffeisenverband, Industrieverband Agrar, Lebensmittelverband, Pflanzenzüchter, Sachverständigenrat für Verbraucherfragen, Verband des Lebensmittelhandels und Verbraucherzentrale Bundesverband sollen ihre Vorstellungen einbringen.

Die Wissenschaft wird repräsentiert von den Professoren einschlägiger, deutscher Institute. Sie kommen vom Sachverständigenrat Umweltfragen, dem Thünen Institut, der Technischen Universität München sowie den Universitäten Gießen, Göttingen und Kassel.

Einzig der Vorsitzende der Zukunftskommission hat wenig mit Landwirtschaft zu tun. Dr. Peter Strohschneider forscht im wahren Leben an mittelalterlichen Texten und war von 2013 bis 2019 Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Hingeschaut:

Wer redet mit in der Zukunftskommission Landwirtschaft?

Vorsitz

  • Prof. Dr. Peter Strohschneider

Landwirtschaft

  • Hubertus Paetow (Präsident Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft)
  • Joachim Rukwied (Präsident Deutscher Bauernverband)
  • Petra Bentkämper (Präsidentin Deutscher Landfrauenverband)
  • Stefan Mann (Bundesvorsitzender Bundesverband Deutscher Milchviehhalter)
  • Kathrin Muus (Bundesvorsitzende Bund der Deutschen Landjugend)
  • Dirk Andresen (Sprecher Land schafft Verbindung)
  • Dr. Felix Prinz zu Löwenstein (Vorstandsvorsitzender Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft)
  • Elisabeth Fresen (Bundesvorsitzende Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft)
  • Jürgen Mertz (Präsident Zentralverband Gartenbau)
  • Ute Volquardsen (Vizepräsidentin des Verbandes der Landwirtschaftskammern)

 Wirtschaft und Verbraucher

  • Franz-Josef Holzenkamp (Präsident Deutscher Raiffeisenverband)
  • Manfred Hudetz (Präsident Industrieverband Agrar)
  • Stephanie Franck (Vorsitzende Bundesverband der Pflanzenzüchter)
  • Philipp Hengstenberg (Präsident Lebensmittelverband Deutschland)
  • Dr. Christian von Boetticher (Vorsitzender der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie)
  • Klaus Müller (Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband)
  • Miriam Schneider (Leiterin Büro Brüssel Bundesverband des deutschen Lebensmittelhandels)
  • Susanne Dehmel (Mitglied Sachverständigenrat für Verbraucherfragen)

 Umwelt und Tierschutz

  • Prof. Dr. Kai Niebert (Präsident Deutscher Naturschutzring)
  • Jörg-Andreas Krüger (Präsident Naturschutzbund Deutschland)
  • Olaf Bandt (Vorsitzender Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland)
  • Christoph Heinrich (Vorstand Naturschutz WWF Deutschland)
  • Thomas Schröder (Präsident Deutscher Tierschutzbund)
  • Myriam Rapior (Mitglied im Bundesvorstand BUNDjugend)
  • Martin Kaiser (Geschäftsführung Greenpeace)

 Wissenschaft

  • Prof. Dr. Manfred Niekisch (stellvertretender Vorsitzender Sachverständigenrat für Umweltfragen)
  • Prof. Dr. Achim Spiller (Universität Göttingen)
  • Prof. ‘in Dr. Hiltrud Nieberg (Johann Heinrich von Thünen-Institut)
  • Prof. ‘in Dr. Ute Knierim (Universität Kassel)
  • Prof. ‘in Dr. Ramona Teuber (Universität Gießen)
  • Prof. ‘in Dr. Dr. h.c. Vera Bitsch (Technische Universität München)


Kommentar

von Marzell Buffler, LANDWIRT Redakteur

Miteinander reden ist wichtig. Das bestreitet niemand. Was die Zukunftskommission aber tatsächlich der deutschen Landwirtschaft bringt, muss man abwarten. Schließlich beharren die einzelnen Mitglieder seit Jahrzehnten auf ihren eigenen Positionen. Für alle gilt: Das Beste für mich herausholen – klassische Lobbyarbeit. Bis heute haben es die Verbände nicht geschafft, miteinander zu sprechen. Stattdessen wird gegen den anderen geschossen, wann immer es geht. Selbst innerhalb einer Berufsgruppe herrscht Uneinigkeit. Jüngstes Beispiel sind die Streitigkeiten und die Aufspaltung von LsV.

Angela Merkel hat jetzt die Interessensvertreter dazu verdonnert, an einen Tisch zu sitzen. Wie von den protestierenden Bauern im Herbst gefordert. Es erinnert allerdings ein bisschen an das Nachsitzen in der Schule. Zwei Schüler prügeln sich und der Lehrer zwingt sie zur Aussprache. Das endet meistens darin, dass man sich entschuldigt und die Hand gibt. Sobald der Lehrer weg ist, wird weiter geprügelt. Warum der Dialog gerade jetzt auf einmal funktionieren soll, ist deshalb fraglich. Der Landwirtschaft ist nur geholfen, wenn die Mitglieder Lust auf eine Diskussion haben und sich auf andere Meinungen einlassen. Würden die Mitglieder der Kommission das wirklich wollen, hätten sie schon längst miteinander gesprochen. Ohne dass die Bundeskanzlerin dazu extra einladen muss.

 

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