BioAcker und GrünlandDürre und Trockenheit: „Bäume helfen“

Dürre und Trockenheit: „Bäume helfen“

In Südfrankreich befasst sich die Forschung bereits seit vielen Jahren mit Agroforstsystemen. Dieses Foto entstand 2009.
Quelle: Raymond Sauvaire

LANDWIRT bio: Ich möchte auf meinem Betrieb Agroforstwirtschaftssysteme anlegen. Was empfehlen Sie mir?

Burkhard Kayser: Dass Sie sich überlegen, was Sie damit erreichen wollen. Immerhin verändern Sie damit Ihre Bewirtschaftung von rein einjährigen Kulturen auf ein- und mehrjährige.

Wie meinen Sie das?

Es gibt Landwirte, die wollen Energieholz in Form von Hackschnitzel oder Brennholz produzieren. Andere sehen im Industrieholz einen möglichen Wirtschaftszweig.

Was ist außerhalb des Energieholzmarktes möglich?

Die Wertholzproduktion oder die Ernte von Früchten oder Nüssen. Das könnte für Direktvermarkter interessant sein. Neben diesen wirtschaftlichen Zielen sollten Sie aber auch ökologische Ziele haben.

Zum Beispiel?

Es gibt Regionen in Ostdeutschland oder im Osten Österreichs, da stehen auf Tausenden Hektar nur ein paar Bäume. Genau diese Gegenden sind von Trockenheit geprägt. Bäume können helfen, denn sie geben Luftfeuchtigkeit, sind ein Windschutz gegen die Austrocknung und holen durch ihre Wurzeln Wasser aus tiefen Schichten hoch. Abgesehen davon stärken Bäume und Sträucher die Biodiversität. Insekten können zum Beispiel besser überwintern.

Nehmen wir an, mein Ziel ist weniger Trockenstress im Getreide und stabile Erträge. Wie gehe ich nun vor?

Wir legen die Baumart fest. Dazu müssen wir die Bodenart und die Wasserverfügbarkeit kennen. Liegt der Grundwasserspiegel zum Beispiel in 4 Metern Tiefe, dann wird dieser von einem Baum noch gut erreicht, aber von den meisten Kulturpflanzen nicht mehr. Hier setzen wir eine pumpende Baumart ein, die das Wasser in obere Schichten bringt. Liegt der Grundwasserspiegel viel tiefer, müssen wir mit trockenheitsverträglichen Gehölzen arbeiten.

Wie wäre es mit Obstbäumen?

Obstbäume eignen sich auf trockenen Standorten nicht so sehr, weil diese das Wasser für die Fruchtbildung nutzen. Wir können zum Beispiel Pappeln einsetzen. Mit einer mittleren Umtriebszeit von 6 bis 12 Jahren wäre das ein kostengünstiger Einstieg.

Ich setze lieber auf Wertholz.

Hier verwenden wir Baumarten, die viel Licht wollen. Kirsche, Nuss, Birne, Elsbeere und Speierling profitieren von Agroforstsystemen.

Schaffe ich mir mit dem Agroforstsystem nicht jede Menge unwirtschaftliche Waldränder im Acker?

Die Baumstreifen der Agroforstsysteme stehen nicht so dicht wie ein Wald. Außerdem kann man durch eine Nord-Süd-Ausrichtung der Streifen optimale Lichtverhältnisse schaffen. Der Schatten wandert im Laufe des Tages durch den Bestand und liegt, wenn die Sonne am höchsten steht, im Baumstreifen. Das stärkste Gegenargument ist aber, dass man ein paar Meter weiter Richtung Feld ein deutliches Ertragsplus hat.

Wie meinen Sie das?

Durch den Windschutz und die höhere Luftfeuchtigkeit ergibt sich ein deutliches Ertragsplus im Feld. Vor allem in trockenen Jahren zeigt sich, dass die Ertragsstabilität viel höher ist. Das bestätigen Untersuchungsergebnisse der Universität Leeds.

Welche Kulturen kommen besser neben Agroforststreifen zurecht?

Mais tut sich eher schwer. Auch Körnerleguminosen können sensibel auf größere Bäume reagieren. Wintergetreide hingegen entwickelt sich auch neben Bäumen sehr gut, weil ein Gutteil der Ertragsphase im Frühjahr stattfindet, wenn die Bäume noch keine Blätter tragen. Auch bei Kleegras und Speisekartoffeln können wir von einer passenden Kombination ausgehen.

Wie weit sollen die Baumstreifen auseinander liegen?

Das hängt von der verwendeten Technik ab. Wenn zum Beispiel ein 12 Meter breiter Striegel eingesetzt wird, dann kann ich den Abstand zwischen den Baumreihen mit einem Vielfachen von 12 Metern festlegen. In unserem Beispiel würde ich auf mindestens 24 Meter gehen. Aber auch das hängt von den Zielen ab. Will ich ein System mit Getreide- oder Holzproduktion als Schwerpunkt? Will ich Windschutz oder etwas gegen die Trockenheit machen?

Nehmen wir an, ich will ein getreidebetontes System und etwas gegen die Trockenheit machen.

In diesem Fall würde ich eher 36 oder gar 48 Meter zwischen den Reihen frei lassen. Anders ist es, wenn ich Pappeln mit kurzen Umtriebszeiten pflanze. Hier könnte ich zum Beispiel eine Reihe bereits nach 6 Jahren herausschneiden und daher die Reihen auf 24 Meter Abstand setzen. Dann habe ich nach 6 Jahren 48 Meter Reihenabstand. Wenn Windschutz das Hauptziel ist, dann kann ich auch auf 80 bis 120 Meter Reihenabstand gehen. Allerdings brauche ich dann Sträucher zwischen den Bäumen.

Wie viel Abstand lasse ich zwischen den Bäumen in der Reihe?

Als Faustformel gilt der endgültige Brusthöhendurchmesser mal 25. Bei einem zu erwartenden Brusthöhendurchmesser von 60 cm bei Wertholz wäre das ein Endpflanzenabstand von 15 Metern. Allerdings würde ich eine Dreierpflanzung machen: Ich setze drei Kirschbäume mit einem Abstand von 1,5 Metern und 15 Meter weiter wieder drei Bäume. Im Laufe der Jahrzehnte bleibt einer der drei übrig. Bei der Energieholzproduktion mit Pappeln gilt das Gleiche. Bei 10 cm Brusthöhendurchmesser in der Kurzumtriebszeit ergibt sich ein Abstand von 2,5 Metern.

Der Abstand zwischen den Reihen hängt unter anderem von der maschinellen Ausstattung ab.
Quelle: Christian Dupraz

Wie nutze ich den Baumstreifen?

Am besten gar nicht. Diese 1,5 bis 2 Meter breiten Streifen sind gute Biodiversitätsflächen für Insekten.

Welche Betreuungsmaßnahmen sind notwendig?

In den ersten Jahren soll der Boden rund um die Bäume frei von Gräsern sein. Nur so können die jungen Bäume schnell loswachsen. Beim Wertholz ist die Astung wichtig. Ich muss darauf achten, dass ein Mitteltrieb entsteht, und steil wachsende Seitenäste entfernen. Wichtig bei der Baumwahl ist es, dass Züchtungen verwendet werden, die über einen durchgehenden Mitteltrieb verfügen. Bei Kirsche gibt es schon solche Selektionen.

„Der Einzelbaumschutz ist extrem wichtig, weil Einzelbäume für das Wild sehr attraktiv sind.”
Quelle: privat

Welche Kosten habe ich?

Da sind zum einen die Kosten für die Setzlinge, die je nach Baumart und Größe schwanken, und zum anderen die Kosten für den Einzelbaumschutz. Dieser ist extrem wichtig, weil Einzelbäume für das Wild sehr attraktiv sind. Der größte Aufwand ist aber der Pflegeaufwand. Ich rate daher, mit ein paar Reihen zu beginnen und dann nach und nach mit dem Agroforstsystem zu wachsen.

Agroforstsysteme können auch im Grünland bzw. auf der Weide etabliert werden.
Quelle: Raymond Sauvaire

Burkhard Kayser aus Minden/Westfalen ist einer der wenigen Agroforst-Berater im deutschsprachigen Raum.

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