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Bilanz des Corona Jahres 2020

Die durchschnittliche Anlieferung je Landwirt stieg von 131,9 auf 137,3 t.
Quelle: Vetta

„Das Jahr 2020 war auch für die heimische Milchwirtschaft ein außerordentliches Jahr, die Corona-Krise forderte den Sektor enorm, gab es doch den abrupten Ausfall des Tourismus- und Gastronomiesektors mitten in der Saison und kurzfristige Nachfrageverschiebungen zum Lebensmitteleinzelhandel zu bewältigen. Die Branche hat jedoch den Härtetest bestanden und konnte kurzfristig Umstellungen in der Produktion bewerkstelligen sowie auch höhere Mengen zu gewohnt höchster Qualität liefern – ein Wert, der vielen längst nicht mehr so bewusst war wie im Jahr 2020″, zog am 25. März 2021 der Präsident der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM), Helmut Petschar, Bilanz. Aktuell leiden die Molkereien neuerlich unter dem Ausfall der Wintersaison.

Umsätze leicht gestiegen – Ertragslage knapp

Die Umsätze der heimischen Milchverarbeiter sind 2020 insgesamt um 3,2 % auf 2,95 Mrd. Euro gestiegen, wobei Zuwächse bei Lieferungen an den Lebensmittelhandel im In- und Ausland zu verzeichnen waren, während bei den Absätzen an Gastronomie und Tourismus deutliche Umsatzeinbußen (60 bis 80 %) und damit verbundene Verluste bei den Deckungsbeiträgen verursacht wurden, für die es bisher keine Ausgleichsmaßnahmen gab. „Die Ertragslage der Molkereien ist daher nach wie vor sehr knapp, zumal die Corona-bedingten Sicherheitsmaßnahmen zusätzliche Kosten verursachten. Das Ergebnis vor Steuern, bezogen auf den Umsatz, ergab 2020 im Branchenschnitt einen Wert von 1,4 %”, informierte der VÖM-Präsident.

Bio-Anteil weiter gesteigert

Die Milchanlieferung blieb 2020 mit 3,38 Mio. t insgesamt stabil, wobei zu Beginn des Jahres eine höhere und in der zweiten Jahreshälfte eine geringere Anlieferung zu verzeichnen war. Mehrere Molkereien mussten aufgrund der Corona-bedingten Nachfragerückgänge im Frühjahr Mengensteuerungsmaßnahmen bei der Anlieferung setzen. Der Anteil von Biomilch und Heumilch konnte weiter gesteigert werden, Österreich erreichte mit 19 % den höchsten Bio-Anteil in der EU.

Erzeugermilchpreise haben leicht zugelegt

Nachdem die Erzeugermilchpreise in Österreich auf schwachem Niveau gestartet waren, kam es ab Sommer zu spürbaren Stabilisierungen. Im Jahresschnitt lagen die Milchpreise mit 42,65 Cent brutto für Milch mit natürlichen Inhaltsstoffen leicht über dem Vorjahresniveau (41,82 Cent). Für gentechnikfreie Qualitätsmilch mit 4 % Fett und 3,4 % Eiweiß wurden netto durchschnittlich 34,26 Cent/kg erzielt (2019: 33,66 Cent). Dabei hatten die Landwirte mit Kostensteigerungen zu kämpfen. Aktuell wirkt sich der Ausfall der Wintersaison negativ auf die Preisentwicklung aus.

Die Anzahl der Milchbauern verringerte sich 2020 um 3,8 % auf 24.650. Der Milchkuhbestand blieb mit rund 525.000 Tieren gleich, im Durchschnitt hielt jeder Landwirt 21 Kühe – im internationalen Vergleich ein sehr kleiner Wert. Die Milchlieferleistung der Kühe erreichte im Mittel mit 6.458 kg (+0,2 %) im europäischen Vergleich einen moderaten Wert, der die nachhaltige Produktion dokumentiert. Die durchschnittliche Anlieferung je Landwirt stieg von 131,9 auf 137,3 t. Das durchschnittlich ausbezahlte Milchgeld je Landwirt lag mit 58.570 Euro um 6,2 % über dem Vorjahr.

Absatz über den Lebensmitteleinzelhandel gestiegen

Die Großhandelspreise für Milchprodukte zeigten eine unterschiedliche Entwicklung. Neben den Irritationen infolge der Corona-Krise wiesen Butter und Käse rückläufige Tendenzen auf, während Magermilchpulver zulegte. EU-weit waren die Erzeugerpreise leicht rückläufig.

Die RollAMA verzeichnete 2020 Rekordmengen beim Absatz über den Lebensmitteleinzelhandel, besonders bei Butter (+15,5 %) und Käse (+10,8 %), gefolgt von der weißen Palette mit +9,1 % und der bunten Palette mit +4,5 %. Diesen Mengensteigerungen standen deutliche Rückgänge im Außer-Haus-Verzehr gegenüber. Die Einkaufspreise für die Konsumenten stiegen im Schnitt um 3,3 %.

Wachstumsmotor Export

Die österreichischen Milchexporte konnten 2020 laut vorläufigen Zahlen der Statistik Austria um 4,5 % auf 1,312 Mrd. Euro zulegen und erreichten einen neuen Höchstwert. Bei den Importen gab es einen geringeren Zuwachs von 1,2 % auf 836,3 Mio. Euro, was zu einem höheren, positiven Außenhandelssaldo von 475,4 Mio. Euro (+10,7 %) führte. Die Exportquote, bezogen auf den Umsatz, betrug 44,5 %, die Importquote 28,4 %.

Wichtigstes Außenhandelsprodukt war Käse. Hier wurden 155.900 t (+1,8 %) im Wert von 666 Mio. Euro (+3,7 %) exportiert, während sich die Importe mit 130.800 t (+4 %) auf 511 Mio. Euro beliefen. Dabei konnten durchschnittliche Exportpreise von 4,27 Euro/kg (+1,9 %) und Importpreise von 3,90 Euro/kg (-3,9 %) verbucht werden, was den Erfolg der heimischen Qualitätsstrategie auch im Export dokumentiert. Wichtigstes Exportland mit einem Anteil von 50 % ist weiterhin Deutschland, gefolgt von Italien, China, den Niederlanden, Griechenland und Slowenien. Die Importe erfolgten zu 56 % aus Deutschland, gefolgt von Italien, den Niederlanden, Frankreich und Griechenland.

Mehrwert durch eine Herkunftskennzeichnung sichtbar machen

„Die österreichische Milchwirtschaft hat auch in der Krise ihre Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstrategie weiter ausgebaut, sei es beim gestiegenen Bio-Anteil, verschärften Tierwohlstandards, Gentechnikfreiheit, strengen Fütterungsauflagen für Kühe und Kälber oder bei vielen weiteren Nachhaltigkeitsthemen, die für unsere Milch auch die EU-weit besten Klimaschutzwerte bescheinigen. Zusätzliche Bemühungen gibt es auch bei der Biodiversität durch spezielle Programme der Molkereien. All diese Nachhaltigkeitsthemen bieten einen wertvollen Ansatz für die Positionierung innovativer, heimischer, regionaler, österreichischer Qualitätsprodukte. Umso wichtiger ist, dass dieser Mehrwert durch eine Herkunftskennzeichnung auch entsprechend sichtbar gemacht und honoriert wird. Ein verkürzter Vergleich zu internationaler Standardware ist hier nicht gerechtfertigt”, so Petschar.

Agrarpolitische Rahmenbedingungen entscheidend

„Die künftigen agrarpolitischen Rahmenbedingungen werden derzeit auf EU-Ebene durch den Green Deal und die ‘Farm to Fork’-Strategie neu festgelegt. Darin werden Klimaschutz und Nachhaltigkeit sehr hoch bewertet. Wichtig dabei ist, dass am Ende unterstützende Maßnahmen für die nachhaltige Milchwirtschaft erfolgen. Zudem bedarf es praktikabler Vorgaben bei den ernährungspolitischen Regelungen wie Herkunftskennzeichnung, Nährwertkennzeichnung und Bezeichnungsschutz sowie einer fairen Außenhandelspolitik”, unterstrich Petschar.

„Außerdem erwarten wir, dass dem hochwertigen Lebensmittel Milch der richtige Stellenwert eingeräumt wird. Es kann nicht sein, dass Molkereiprodukte mit Werbeverboten belegt werden oder Milch als Lebensmittel mit einer sehr ausgewogenen Nährwertzusammenstellung bei systematisierten Nährwert-Kennzeichnungssystemen diskriminiert wird”, erklärte der VÖM-Präsident.

Hohe Konzentration im Handel belastet Entwicklung

Die hohe Konzentration im heimischen Lebensmitteleinzelhandel hat auch im Corona-Jahr 2020 die Situation für Bauern und Verarbeiter nicht grundlegend verändert. Nach wie vor steigen die Spannen und Anteile an der Wertschöpfung des Handels, verbunden mit steigenden Anteilen der Eigenmarken. “Die von der EU gesetzten Maßnahmen zur Vermeidung unfairer Handelspraktiken sind in Österreich noch nicht umgesetzt. Auch sollte die Entwicklung der Wertschöpfung in der Lebensmittelkette analysiert werden, um daraus entsprechende Maßnahmen abzuleiten”, forderte Petschar.

Nach wie vor steigen die Spannen und Anteile an der Wertschöpfung des Handels, verbunden mit steigenden Anteilen der Eigenmarken.
Quelle: Vetta

„Für die Corona-bedingten Umsatz- und Deckungsbeitragsverluste der Milchwirtschaft sind geeignete Unterstützungsmaßnahmen zu entwickeln, zumal die Branche nach wie vor erheblich betroffen ist. Die Milchwirtschaft muss zur weiteren Absicherung einer nachhaltigen und hochwertigen eigenständigen Lebensmittelversorgung bei den anstehenden Wirtschaftsrettungsmaßnahmen berücksichtigt werden – dies ist im nationalen Interesse”, argumentierte der VÖM-Präsident.

Corona prägt auch Milchmarkt 2021

„Der Milchmarkt zeigt sich Anfang 2021 noch immer geprägt von der Corona-Pandemie. Für Österreich ist vor allem die weitere Entwicklung im Tourismus und in der Gastronomie wichtig”, erklärte Petschar. Die aktuell steigenden internationalen Notierungen würden zwar Hoffnung vermitteln, doch könne die Wirtschaftskrise weltweite Kaufkraftverluste und weitere Irritationen mit sich bringen. “Für die österreichische Milchwirtschaft bleibt neben den globalen Einflüssen vor allem die weitere Entwicklung in Österreich maßgebend, also inwieweit es gelingt, die Qualitätsstrategie erfolgreich umzusetzen und ob eine faire Abgeltung der erhöhten Aufwendungen und damit die weitere sichere Versorgung mit hochqualitativen Lebensmitteln gelingt”, sagte Petschar.

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