ForstBaum des Jahres: die Erle

Baum des Jahres: die Erle

Quelle: Bildagentur Zoonar/shutterstock.co

Erlen werden gerne als „Baum der Schwelle“ bezeichnet. Sie gedeihen am besten dort, wo Übergänge von Land zu Wasser oder zu kargen Felslebensräumen dominieren. Die bekannteste Vertreterin der Erlen in Österreich ist die Schwarzerle. Sie liebt nasse Standorte in Flussnähe. Jedoch wächst der sommergrüne Laubbaum immer seltener, denn sein natürliches Habitat – unverbaute Fließgewässer – verschwindet zusehends. Neben der Schwarzerle findet man in Österreich auch die Grünerle und die Grauerle. Die Grünerle markiert die Grenze der Vegetation im Gebirge. Grauerlen sind bei ihren Standortansprüchen hingegen flexibler. Sie wachsen zwischen 500 und 1.400 Höhenmetern an Fließgewässern. Weltweit sind 35 verschiedene Erlenarten bekannt.
Erlen zählen zur Familie der Birkengewächse und sind damit verwandt mit Haselnuss, Birke, Hainbuche und Hopfenbuche. Diese Verwandtschaft erkennt man an den Kätzchen, die getrenntgeschlechtlich am Baum vorkommen. Das bedeutet, man kann männliche und weibliche Blüten auf einem Baum entdecken. Die weiblichen Kätzchen verholzen nach der Bestäubung und werden zu Zapfen. Eine Besonderheit der Erlen, denn sie sind die einzigen Laubbäume, bei denen die weiblichen Blütenstände verholzen. Erlen sind wie alle Birkengewächse nicht von Insekten abhängig, sondern werden ausschließlich durch den Wind bestäubt, weshalb sie auch keine großen, auffälligen Blütenstände besitzen. Dennoch sind sie bei Insekten beliebt: Einige Schmetterlingsarten, wie der Erlen-Sichelflügler, sind im Raupenstadium sogar auf Erlenblätter angewiesen.

Unter der Wasseroberfläche

Das Holz der Erle gilt als weich, aber in Wasser beständig. Daher wurde es schon in der Jungsteinzeit für Pfahlbauten im Wasser verwendet. Obwohl das Holz nicht sehr wetterbeständig, sondern im Gegenteil sogar anfällig für Pilze und Insekten ist, ist es unter Wasser dauerhaft haltbar. Auch heutzutage gibt es prominente Pfahlbauten, die mit Hilfe der Erle gebaut wurden, denn auch in Venedig und Alt-Amsterdam wurde dieses Holz verwendet. Abseits der Pfahlbauten wird das Holz der Erlen aufgrund seiner guten Bearbeitbarkeit und seiner sehr homogenen Struktur und leichten Beizbarkeit oft in der Restauration verwendet, da sich damit sehr gut Edelhölzer imitieren lassen. Meist wird das Holz der Erle in kleinen Dimensionen genutzt – dort, wo die Festigkeit nicht von großer Bedeutung ist, etwa für Möbelteile, Modellbauten, Bilderrahmen oder Zierleisten. Traditionell hat man Erlenholz vor allem für die Tischchen von Nähmaschinen verwendet.

Die Schwarzerle
Dort, wo kaum eine andere Baumart gut wachsen kann und die Vegetation aus Arten besteht, die an extreme Standorte angepasst sind, fühlt sich besonders die Schwarzerle wohl. Kein anderer heimischer Baum erträgt mehr Nässe als sie es tut. Besonders in flussnahen Bereichen, die meist überflutet sind, kann die Schwarzerle als Pionier freiwerdende Flächen neu besiedeln. Die Schwarzerle hat einen besonderen Trick, mit dem sie längere Überflutungen überleben kann: Sie ist nicht auf die Wurzelatmung angewiesen und kann Sauerstoff von den Blättern in die Wurzel transportieren. Dort, wo andere Baumarten im Wasser „ersticken“ würden, hält es die Schwarzerle problemlos aus. Ein Umstand, den sie jedoch nicht aushält, ist der zunehmende Verlust ihres Lebensraumes – des Auwalds. Flüsse mit einer ursprünglichen Dynamik von Hochwasser und Verlandung, von der die Schwarzerle abhängig ist, sind in ganz Europa selten geworden. Über 70 % der Flüsse und Bäche in Österreich sind verbaut oder gestaut. Damit geht ein wichtiger Lebensraum zusehends verloren.

Die Grauerle
Grauerlen sind, ähnlich wie Schwarzerlen, an Fließgewässer gebunden. Auch sie benötigen periodische Überschwemmungen, um sich gegen konkurrierende Baumarten durchzusetzen. Jedoch trifft man Grauerlenauen meist in höheren Lagen als Schwarzerlen an. In inneralpinen Nadelwaldregionen bilden Grauerlen die einzig natürliche Laubwaldgesellschaft. Zu finden sind diese zum Beispiel im Nationalpark Hohe Tauern. In ihren bevorzugten Habitaten, entlang von Gebirgsbächen und Flüssen, tritt sie meist in gleichaltrigen Beständen in schmalen Streifen entlang der Gewässer auf. Die Grauerle verträgt eine große Varietät an Klimabedingungen. Sie ist frostbeständig und auch weitgehend unempfindlich gegen Hitze und Dürre.

Die Grünerle
Die Grünerle wird auch Laublatsche genannt, denn man findet sie in den gleichen Lagen wie ihre nadelblättrige Standortgesellin, die Latschenkiefer. Grünerlen wachsen als Strauchform und werden nicht höher als sechs Meter. Wie andere Erlen besiedelt sie auch Rohböden und bildet zusammen mit der Kiefernlatsche den Krummholzgürtel oberhalb der Hochwaldgrenze. Im Gegensatz zur Kiefernlatsche, und in gewohnter Erlenmanier, bevorzugt sie jedoch feuchtere Standorte. Als Pionierart stabilisiert sie erosionsgefährdete Böden und schützt damit vor Lawinen- und Murenabgängen. Erlen haben zudem die Fähigkeit an ihren Wurzeln eine Symbiose mit stickstofffixierenden Bakterien einzugehen und damit Stickstoff aus der Luft aufzunehmen. Mit dieser Fähigkeit Luftstickstoff zu fixieren, kann die Grünerle von Überweidung ausgehagerte und degradierte Almböden besiedeln und so die Böden aufwerten.

LANDWIRT Tipp Die Informationen zur Erle stammen aus der Broschüre „Die Erlen. Baum des Jahres 2020“, herausgegeben vom Kuratorium Wald. Deutschland hat die Robinie zum Baum des Jahres gekürt. Mehr über diese Baumart erfahren Sie in der nächsten LANDWIRT-Ausgabe.

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